Fünf Teile, fünf Produktwelten – unser Akademie-Sommer geht in die letzte Runde. Zum Abschluss unserer Serie rund um strukturierte Wertpapiere zeigen wir, wie sich auch mit einfachen Mitteln feste Zinsen realisieren lassen. Teil 5/5: Zinsanleihen
Mit der Rückkehr der Zinsen haben Festund Stufenzinsanleihen der Zertifikateemittenten einen regelrechten Nachfrageboom erlebt. Mittlerweile entfällt etwa die Hälfte des Volumens, das in Deutschland insgesamt im Zertifikatemarkt investiert ist, auf einfache Zinsanleihen. Zur Jahresmitte hat der Branchenverband BSW sogar eine eigene Produktklasse für die Papiere geschaffen. Tatsächlich unterscheiden sich die Papiere deutlich von den restlichen an diesem Markt angebotenen Anlagen, da der Erfolg hier nicht von einem Basiswert wie einer Aktie abhängt. Es handelt sich vielmehr um vergleichsweise einfach aufgebaute Anleihen, bei denen der Rückzahlungszeitpunkt von Beginn an genauso festgelegt ist wie die bis dahin zu erwartenden Zinszahlungen. Von den Querelen der Märkte bleiben Anleger somit weitgehend verschont. Wie bei Anleihen üblich tragen sie zum Laufzeitende einzig das Solvenzrisiko des Schuldners – in diesem Fall also das des jeweiligen Zertifikateemittenten. Dabei gilt: Je bonitätsstärker der Emittent, desto niedrigere Zinsen sind zu erwarten.
Zinskurve: ein temporäres Problem?
Dieser Logik folgend müssten die Papiere regelmäßig auch lukrativer sein als die in diesem Segment gemeinhin als Benchmark genutzte Bundesanleihe. Schließlich reicht keine Bank an die Bonität der Bundesrepublik Deutschland heran. Hier hat sich in letzter Zeit allerdings eine Verschiebung ergeben, da sich die Zinsstrukturkurve bei Bundesanleihen umgedreht hat. Anleihen kurzer Laufzeiten sind dort also abweichend vom Standard höher verzinst als „Langläufer“. Nicht alle Emittenten spiegeln dies aber vollumfänglich wider. Und da bei den Fest- und Stufenzinsen regelmäßig auch eine Vertriebsprovision eingerechnet ist, können die Zinssätze bei Kurzläufern oft nicht mit denen von Bundesanleihen mithalten. Möglich ist jedoch, dass es sich dabei um ein temporäres Problem handelt. Normalisiert sich die Kurve am Zinsmarkt wieder, könnten auch die Angebote am Zertifikatemarkt wieder dem Benchmark-Vergleich in jedem Laufzeitband standhalten.
Pro-Argument: niedrige Stückelung
Wenn Aufbau, Risiko und Chancen mit denen einfacher Unternehmens- oder Staatsanleihen vergleichbar sind, stellt sich die Frage: Warum braucht es Angebote wie Fest- und Stufenzinsanleihen von Zertifikateemittenten überhaupt? Eines der wichtigsten Argumente ist die niedrige Stückelung von meist 1.000 Euro. Unternehmensanleihen sind oft nur in Stückelungen von 100.000 Euro zu haben. Denn das ist die Grenze, ab der seit 2012 kein Prospekt mehr erstellt werden muss. Diesen (Kosten-) Aufwand sparen sich viele Konzerne lieber. Die Funktionsweise ist ansonsten tatsächlich identisch: An den festgelegten Zinszahlungstagen werden die ebenfalls fixierten Kupons ausgezahlt und bleiben Solvenzprobleme beim Emittenten aus, gibt es am Ende das eingesetzte Kapital zurück. Während der Laufzeit sind allerdings durchaus auch heftigere Schwankungen möglich. Je länger die Restlaufzeit der jeweiligen Anleihe, desto sensibler reagiert sie auf Entwicklungen am Zinsmarkt. Zieht das Zinsniveau stark an, können langlaufende Papiere auch sehr hohe Kursverluste erleiden. Deshalb sollte die Laufzeit möglichst so gewählt werden, dass keine vorzeitige Veräußerung der Position nötig ist. Davon abgesehen zählen die börsentägliche Handelbarkeit und die damit verbundene Flexibilität dennoch zu den Vorteilen der Zinsprodukte. Sie grenzen sich damit etwa von Festgeld-Angeboten der Banken ab, die dafür jedoch mit höherer Sicherheit (Einlagensicherung!) punkten können.
Stark und schwacher geschützt
Neben Bonität und Laufzeit müssen bei der Produktwahl aber noch weitere Kriterien berücksichtigt werden. Seit Mitte 2018 zählt dazu auch der Rang innerhalb der Haftungskaskade. Seitdem können Emittenten nämlich zwei Typen von Anleihen begeben, die im Fall einer Bankenabwicklung unterschiedlich geschützt sind. Die riskanteren Papiere (senior non-preferred, SNP) stehen dabei eine Stufe unter den weit üblicheren „Preferred-Anleihen“ (Übersicht links). Sie sind in der Regel auf institutionelle Investoren ausgerichtet und werden deshalb oft auch nur in höheren Stückelungen angeboten. Wegen der geringeren Sicherheit ermöglichen sie regelmäßig höhere Zinsen. Ein weiteres Kriterium bei der Produktwahl ist die Frage, ob für den Investor das Risiko einer früheren Kündigung der Anleihe in Frage kommt. Vergleichsweise häufig räumen sich Emittenten bei ihren Papieren ein Kündigungsrecht ein, das dann aber klar in den Produktdokumenten ausgewiesen wird. Oft wird es sogar bereits im Produktnamen mit einem „k“ gekennzeichnet. Dabei sind jährliche Kündigungsoptionen üblich. Es gibt aber auch Angebote, die nur zu einem oder einigen wenigen Terminen während der Maximallaufzeit beendet werden können. Wie bei den Non-preferred-Papieren ist auch bei den kündbaren Anleihen regelmäßig ein Zinsaufschlag geboten. Das erhöhte Risiko besteht bei kündbaren Anleihen konkret darin, dass die Emittentin diese gerade dann früher zurückzahlt, wenn das allgemeine Zinsniveau gesunken ist. Denn die Bank muss für Folgeemissionen in diesem Umfeld nur noch geringere Zinsen anbieten. Für den Kunden bedeutet das frühzeitiger „Aus“ aber, dass sein investiertes Kapital meist nur noch zu weniger attraktiven Konditionen wieder angelegt werden kann. Ein weiterer denkbarer Grund für eine frühere Kündigung seitens der Emittentin ist eine Verbesserung bei deren Bonität. Denn auch in diesem Fall könnte die Bank bei Neuemissionen die gebotenen Zinsen niedriger ansetzen.
Der Bundesverband für strukturierte Wertpapiere (BSW) hat auf die große Nachfrage bei Fest- und Stufenzinsanleihen reagiert und eine eigene Produktklasse für diese Papiere geschaffen. Seit der Jahresmitte werden die Anleihen somit abgegrenzt von Zinsprodukten, bei denen die Zinszahlungen von einem Referenzwert abhängen. Diese werden weiterhin als „Strukturierte Anleihen“ geführt. Dort sind vor allem drei Typen vorzufinden:
Geldmarktanleihen: Geldmarktanleihen – auch „Floater“ genannt – beziehen sich immer auf einen Referenzzinssatz wie beispielsweise den Euribor. An diesem Bezugswert wird die Höhe der Zinszahlungen an den regelmäßigen Terminen ausgerichtet. Dabei sind in der Regel Mindest- und Höchstsätze, manchmal auch fixe Aufschläge auf den Referenzzins vorgesehen.
Zinsdifferenzanleihen: Für Zinsdifferenzanleihen sind zwei Referenzzinssätze mit unterschiedlichen Laufzeiten ausschlaggebend. Um an den Terminen die Auszahlungshöhe zu berechnen, wird die Differenz aus beiden gebildet (langfristig minus kurzfristig) und mit einem Faktor multipliziert. Oft sind in den ersten Jahren Fixsätze vorgesehen. Die Laufzeit kann früher enden, falls ein „Zielzins“ definiert ist.
Inflationsanleihen: Bei Inflationsanleihen richtet sich die Zinszahlung an einem Indikator für die Teuerungsrate aus. Am populärsten ist hierfür der harmonisierte Verbraucherpreisindex HVPI ex Tabak. An den Zahlungsterminen wird in der Regel die jeweils aktuelle Rate mit einem Faktor multipliziert oder zu einem fixen Zins addiert, um den Kupon zu berechnen. Es gelten oft Mindest- und Höchstbeträge.
Viele unterschiedliche Varianten
Mit solchen Abwandlungen lässt sich das Chance-Risiko-Profil der klassischen Festund Stufenzinsanleihen leicht verschieben. Darüber hinaus haben sich am Markt für strukturierte Wertpapiere aber weitere Typen etabliert, die teils stärker vom Standard abweichen. Allen voran sind dabei Angebote in Fremdwährungen zu nennen. Diese sind oft höher verzinst. Anleger kaufen mit den Papieren aber auch Risiko und Chance der jeweiligen Währung mit ein. Die Wechselkursschwankungen gegenüber dem heimischen Euro dürfen keinesfalls unterschätzt werden. Von der Kursentwicklung des Devisenpaars hängt der Erfolg der jeweiligen Fremdwährungsanleihe sogar sehr maßgeblich ab. Hohe Verluste sind möglich. Zum aktuellen Angebot und Trends bei Fest- und Stufenzinsanleihen sowie bei Strukturierten Anleihen (Beispiele oben) erstellt der Zertifikateberater jeden Monat eine kommentierte Übersicht. Eine Anmeldung für den kostenfreien Bezug ist über die Seite www.zertifikateberater.de/dzb-individuell möglich (dort das DZB Primärmarkt-Cockpit: Zinsprodukte abonnieren).
Das bieten Fest- und Stufenzinsen