USD: Wie schnell es gehen kann! Vor Monatsfrist erwartete der Markt noch drei Fed-Zinserhöhungen bis Ende 2019, vor einer Woche noch zwei und jetzt deutlich weniger als 1½. Mehr noch: Es wird immer deutlicher, dass die implizite Erwartung einer Zinssenkung in 2020 mehr ist als eine Marktanomalie, die Ineffizienzen geschuldet ist. Der Markt scheint das mit der Zinssenkung (oder wenigstens einer positiven Wahrscheinlichkeit dafür) ernst zu meinen. Diejenigen, die glauben, die hohe Differenz zwischen USD-Zinsen und EUR-Zinsen könne in solch einer Situation den Greenback vor Ungemach schützen, dürften enttäuscht werden. Dass ein hoher Zins ein Argument für die Aufwertung einer Währung ist, gilt schon lange nicht mehr. Spätestens seit 2013 ist – zumindest im G10-Universum – keine systematische Performance von „Carry-Trades“ (also der Wette auf Aufwertung von Hochzins- gegenüber Niedrig-Zins-Währungen) mehr nachweisbar. Das heißt: Im Normalfall werten Hochzins-Währungen ab – gerade so viel, dass ihr Zinsvorteil ausgeglichen wird. Verstehen Sie mich nicht falsch: Die Erwartung immer höherer US-Zinsen hat lange – heuer bis in den Herbst hinein – richtigerweise den Dollar gestützt. Doch würde schon ein Auslaufen des Zinserhöhungszyklus die Situation ins USD-negative umkehren. Wenn jetzt auch noch ernsthaft Zinssenkungs-Phantasien aufkämen, würde das noch zusätzlich der US-Währung schaden.
GBP: Die Devisenhändler wollen einfache Regeln für ihr Handeln. Das verstehe ich. Schließlich arbeiten sie in einem Markt, der mittlerweile so schnell geworden ist, dass für Kontemplation über die Nachrichtenlage keine Zeit bleibt. Maschinen müssen den Nachrichtenfluss auswerten und den FX-Handelsmaschinen Vorgaben darüber geben, wie sie auf das Geschehen in der Welt zu reagieren haben. Insbesondere bei einem abzusehenden Ereignis wie der Brexit-Deal-Abstimmung im britischen Unterhaus dürften die meisten Liquiditätsanbieter im FX-Markt so handeln. Ob’s sinnvoll ist oder nicht, man muss schon mitmachen, weil alle es tun. Manchmal verhält sich der Devisenmarkt halt wie eine Herde Schafe.
Das Problem dabei ist: Die Maschinen brauchen einfache Metriken. Der Devisenmarkt neigt aus Bedarf an einfachen Regeln zu Über-Simplifizierung. Momentan konzentriert sich daher alle Welt auf die Anzahl der Stimmen, die Premierministerin Theresa May morgen für den von ihr mit der EU ausgehandelten Brexit-Deal fehlen werden. Dass das Unterhaus zustimmt, glaubt eh kaum noch jemand. Wenn Sie heute das Research vieler Konkurrenten lesen, werden Ihnen also verschiedene Szenarien präsentiert bekommen. So zwischen 40 und 80 fehlende Stimmen werden als die Wasserscheide zwischen GBP-positiv und GBP-negativ angesehen. Und dann wird das im Blick auf die erste Marktreaktion wohl auch so sein. Die Schafherde folgt ihrer eigenen Logik.
Ich will nur davor warnen, solchen Mechaniken irgendeine fundamentale Bedeutung zuzuordnen. Klar, es kann sein, dass ein leicht modifizierter Brexit-Deal (mit Änderungen wohl eher in den Anmerkungen als am eigentlichen Vertragstext) dem einen oder anderen wankelmütigen Abgeordneten eine Brücke bauen könnte, um Mays Entwurf in einem zweiten Wahlgang doch noch zuzustimmen. Doch ist die Chance dafür nicht nur am Stimmverhalten morgen abzulesen. Zum Beispiel kommt es erst einmal darauf an, ob die Europäer, wenn der Verhandlungsprozess wieder aufgerollt wird, zu Zugeständnissen bereit sind oder – zum Beispiel bezüglich der Gibraltar-Frage – nicht eher ebenso vom geschnürten Kompromiss-Paket wieder abfallen. Und wann May so sehr angeschlagen ist, dass sowieso nichts mehr geht, ist auch nicht nur von der Stimmenzahl abhängig.
Wir müssen uns darauf einstellen, dass die erste Reaktion des Devisenmarktes, die er mechanisch nach Zählen der Stimmen trifft, vielleicht nicht die richtige ist, dass es also danach noch heftig hin und her geht. Für die „Endverbraucher“ des Devisenmarktes ist das eine unangenehme Situation. Denn es heißt u.a., dass schlichte Stop-Loss-Strategien sich als gefährlich erweisen können – jenseits des Risikos einer „schlechten“ Ausführung.
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