19.11.18, 11:00

Schaltet die Fed den Autopilot ab?

USD: Am Freitag hat ein Interview von Fed Vize-Chair Richard Clarida den Dollar ganz schön unter Druck gebracht. So spektakulär war sie eigentlich gar nicht. Aber er betonte globale Risiken; er machte klar, dass der Fed-Leitzins nahe dem neutralen Zins liegt; und er betonte, dass die Fed von hier an (mit einem Fed-Funds-Satz ) besonders vorsichtig und „datenabhängig“ agieren muss. Nichts massiv Neues. Aber (1.) hat Claridas Wort besonderes Gewicht. Der Markt betrachtet Chairman Jerome Powell nicht als ausgewiesenen Geldpolitiker. Für diesen Bereich der Fed-Aufgaben ist Clarida aufgrund seiner akademischen Arbeiten in diesem Bereich eindeutig der Experte im Board of Governors. Und (2.) zeigt die Marktreaktion, dass der Markt sehr wohl enttäuscht werden kann, wenn die Fortsetzung des Fed-Zyklus als weniger sicher erscheint. Während EUR-USD-Niveaus um 1,1400 immer noch niedrig sind (siehe Grafik Abb. 1) und unser USD-Index immer noch im Wesentlichen eine Seitwärtsbewegung der US-Währung anzeigt, war Claridas Signal doch zumindest erhellend dafür, dass ein Ende des „Autopilot-Modus“ drohen könnte. Bisher war alles einfach: Die Fed erhöht – wenn nicht gerade die Welt untergeht – alle 12 Wochen ihren Leitzins um 25 Basispunkte. Und das wird sie im Dezember auch noch tun. Da der Leitzins nun aber so langsam in den Bereich des „neutralen Zinses“ (ca. 2½% bis 3 ½% nach Schätzung der FOMC-Teilnehmer) kommt – also des Zinses, der Inflation weder beschleunigt noch dämpft – muss die Fed (weil sie halt nicht weiß, wo genau dieser Zins liegt) so langsam erwägen, den Autopilot-Modus abzuschalten und ihre Geldpolitik an der aktuellen Datenlage ausrichten. Diese Möglichkeit belastete den Dollar am Freitag heftig und deutlich. Die Lehre aus dieser Marktreaktion ist klar: Alles, was eine Fortsetzung des Fed-Zinszyklus infrage stellt, ist USD-schädlich. Es kommt für die US-Währung nicht auf das Zinsniveau an, sondern auf die Fed-Politikfunktion. Ein Ende des automatischen Zyklus – auch wenn sich daran noch weitere Fed-Zinsschritte anschließen würden – wäre an sich bereits USD-schädlich.

EUR: Es ist ja nicht so, dass in Italien nun plötzlich fiskalpolitische Vernunft eingezogen wäre. Mit Risikoaufschlägen im Bereich von 305 bis 315 Basispunkten (für 10-jährige italienische Staatanleihen gegenüber Bundesanleihen) sieht der Rentenmarkt weiterhin ein erhöhtes Risiko in der Fiskalpolitik der italienischen Regierung. Für den Devisenmarkt ist allerdings relevant, dass diese Risikoprämie sich zuletzt nicht mehr ausgeweitet hat, sondern sich im erwähnten Bereich seitwärts bewegt. Damit ist dieses Niveau – so scheint es – eine vernünftige Kompensation für Italiens neue fiskalische Risiken. Da aber der Fiskus dort mit solchen Renditeniveaus zurechtkommen kann, droht derweil nicht eine Spirale aus höheren Renditen und wachsenden fiskalischen Risiken. Ob das fundamental gerechtfertigt ist und insbesondere, ob damit die politischen Risiken, die von dort drohen, vernünftig entgolten werden, weiß ich nicht. Ich weiß nur: Solange Italiens Staatsanleihen in diesem Zustand verharren (egal ob bei 305 oder 315 Basispunkten Risikoaufschlag), wird das Thema „Italien“ für die EUR-Wechselkurse graduell an Relevanz verlieren. Am Freitag war die EUR-USD-Erholung einem USD-Effekt geschuldet (siehe oben). Doch spricht einiges dafür, dass die EUR-Schwäche ausläuft, wenn nicht neue Störsignale aus Rom kommen.

Produktidee: Faktor-Zertifikate
WKN Typ Basiswert Merkmale
CD910B Long EUR/USD Faktor: 5
CD910C Short EUR/USD Faktor: -5

GBP: Als ich las, dass EU-Unterhändler Michel Barnier der britischen Seite anbietet, die Übergangsfrist (zwischen Ausscheiden aus der EU und Inkrafttreten der endgültigen Post-Brexit-Beziehungen) um zwei Jahre zu verlängern, hatte ich das spontan als GBP-positives Signal verstanden. Zwei Jahre mehr Zeit, die endgültigen Verhältnisse zu klären und etwas Konstruktiveres als die Backstop-Lösung auszuhandeln, wäre das nicht toll? Bis mir klar wurde, dass die Extremisten auf britischer Seite ja wahrscheinlich so verbissen sind, dass sie diesen Vorschlag ablehnen dürften. Und sei es nur, weil das Königreich dann für weitere zwei Jahre seine EU-Beiträge entrichten müsste. Diese Episode zeigt, wie sehr auch nach fast zwei Jahren Brexit-Verhandlungen die Fronten verhärtet bleiben. Wenn jeder Tag mit enger EU-Bindung von einigen auf der Insel als „Schrecken ohne Ende“ empfunden wird, dann wird ein „Ende mit Schrecken“ halt wahrscheinlicher. Momentan halten sich die GBP-Wechselkurse recht wacker. Allerdings darf das nicht über die weiterhin hohe (ja sogar: zunehmende) Markt-Nervosität hinwegtäuschen. Beleg dafür sind die nochmals höheren EUR-GBP Risk Reversals, die ein noch größeres Absturzrisiko für das Pfund einpreisen als beim Scheitern des Deal-Entwurfs im Parlament (Abbildung 2).

Produktidee: Faktor-Zertifikate
WKN Typ Basiswert Merkmale
CV0V44 Long EUR/USD Faktor: 5
CV0V49 Short EUR/USD Faktor: -5

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