GBP: Da ist er, der Brexit-Deal. Zumindest ein Deal-Vorschlag, auf den sich die britische Regierung und die EU geeinigt haben. Das Dumme ist nur: Wir kennen noch nicht den Text. Den hält die britische Premierministerin Theresa May unter Verschluss, bis ihr Kabinett heute Nachmittag darüber abstimmt. Die Details, die bislang in der Presse kolportiert werden, deuten an, dass es May nicht leicht fallen wird, diesen Kompromiss den Brexit-Hardlinern zu verkaufen. Verbleib des Königreichs in der Zollunion; Austritt aus dieser nur bei Zustimmung der EU (und bei einer Lösung, die eine irische Grenze vermeidet); Verbleib Nordirlands im Binnenmarkt und im Zollsystem; Einhaltung der EU-Wettbewerbsregeln unter EuGH-Rechtsprechung; Nicht-Regressionsklausel u.a. in den Bereichen Umweltschutz, Arbeitsrecht und Steuern. Wenn all das wirklich Teil des Deals ist, werden die Brexiteers ausflippen. Das taten einige von ihnen schon gestern Abend. Präventiv. Bevor sie den Text überhaupt gesehen hatten.
So ist das halt bei einem Kompromiss. Er gefällt keinem. Die Briten werden sich (verständlicherweise!) fragen, warum sie eigentlich für einen Austritt aus der EU gestimmt haben, wenn sie doch auf absehbare Zeit keine eigene Außenhandelspolitik betreiben können und all die verhasste EU-Regulatorik doch nicht loswerden, ja sich sogar weiterhin der verhassten europäischen Rechtsprechung unterwerfen müssen und noch nicht einmal selbst entscheiden dürfen, wann dieser Zustand beendet wird. Die Nordiren werden sich (verständlicherweise!) sorgen, dass letztendlich doch ein Keil zwischen ihren Landesteil und Großbritannien getrieben wird, weil wesentliche Aspekte für Nordirland halt doch anders geregelt sind als für die Hauptinsel. Und die Rest-EU-Bürger werden sich (verständlicherweise!) darüber erzürnen, dass mit diesem Deal das Vereinigte Königreich ökonomisch einem EU-Mitglied sehr ähnlich bleiben wird, aber keine Mitgliedsbeiträge mehr zahlen muss. Dass also die Briten mit ihrem „Cherry Picking“ durchgekommen sind und die notorisch nachgiebigen Europäer mal wieder vom „perfiden Albion“ über den Tisch gezogen wurden.
Und weil alle sich als Verlierer fühlen können, ist es bis zum Inkrafttreten dieses Deals ein holpriger Weg. Dabei ist nicht die Kabinettssitzung heute die größte Hürde. Diese Hürde dürfte der Vorschlag wahrscheinlich passieren – was vom Devisenmarkt zwar als GBP-positives Signal verstanden werden könnte. Allerdings dürfte die Marktreaktion verhalten ausfallen – wie bereits gestern Abend, als die Meldung vom Deal über die Ticker lief und das Pfund nur für einen kurzen Augenblick stärker notierte. Denn die große Hürde kommt noch: die Ratifizierung im britischen Parlament. Die Brexit-Hardliner unter den Tories flippen aus (siehe oben). Das ist unvermeidlich (weil ihre Scheinwelt irgendwann zusammenbrechen musste) und ist vom Markt eskomptiert. Kritischer beäugt wird die Haltung der Opposition. Wird sie politische Spielchen anzetteln und ihren taktischen Vorteil suchen, oder sich staatsmännisch verhalten? Das sind Faktoren, die ab nun für die GBP-Entwicklung in den Fokus rücken dürften.
EUR: Italiens Finanzminister Giovanni Tria schickte den gestern fälligen Brief an die EU-Kommission mal wieder in letzter Minute ab. Darüber regt sich niemand mehr auf. Lieben wir nicht alle Italien gerade für das dolce vita? Der Inhalt ist im Großen und Ganzen wie erwartet: Es gibt minimale Zugeständnisse (z.B. schnellere Privatisierung) und ein paar fiskalische Tricksereien (höhere fiskalische Flexibilität nach Katastrophen-Ereignissen), aber im Grunde bleibt die Regierung bei ihrem Kurs einer expansiven Fiskalpolitik. Und damit bleibt sie jenseits dessen, was für die EU akzeptabel sein kann. In den Euro-Wechselkursen sehen wir keine unmittelbare Reaktion, weil – wie gesagt – Italiens Regierung nur die Klischees bedient hat und kaum noch negativ überraschen konnte. Ist der Ruf erst ruiniert…
Für den Euro war die ganze Italien-Malaise in den letzten Wochen belastend, nicht heute Nacht. Mit EUR-USD-Kursen nahe der 1,12 reichte es erst einmal. Für niedrigere EUR-Kurse wäre wohl eine neue Eskalationsstufe nötig. Doch ist die EU daran momentan kaum interessiert. Sie will nicht Wasser auf die Mühlen der EU-Hasser in Italiens Wahlvolk kippen. Womit wir beim grundsätzlichen Konstruktionsfehler der real existierenden Währungsunion wären, der an sich schon kein EUR-positives Signal ist. Doch auch das ist schon seit Jahren bekannt.
Vergessen wir nicht: Es kommt für EUR-USD darauf an, wie der Markt die Nachhaltigkeit der italienischen Fiskalpolitik einschätzt. Nicht auf die Einschätzung der EU. Die Sturheit der italienischen Regierung ist nur insofern marktrelevant, als sie deren Bereitschaft signalisiert, eine Zuspitzung in Richtung Krise zu tolerieren. Solch eine Haltung macht eine Krise wahrscheinlicher. Für die EUR-Wechselkurse kommt es darauf an, wie wahrscheinlich es wird, dass die italienische Regierung die EZB in eine Ecke treiben kann, in der sie aus Rücksicht auf Italien eine Normalisierung der Geldpolitik abblasen muss. Dann wäre das jüngste EUR-USD-Tief bei 1,12 ein müder Vorgeschmack auf das, was noch kommt. Kommt es nicht so schlimm, geht’s wieder in Richtung 1,16.
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