EUR: Erinnern Sie sich noch an Olli Rehn? Während der Euroraum-Krise war er EU-Kommissar für Wirtschaft und Währung und hat – vorsichtig ausgedrückt – dabei nicht immer eine gute Figur abgegeben. Mittlerweile ist er Gouverneur der Finnischen Zentralbank und in dieser Rolle Mitglied im EZB-Rat. Am Freitag sorgte Rehn mit einer Rede in Athen für einen Paukenschlag. Einer der Gründe, warum die Aufwärtsbewegung von EUR-USD jäh stoppte.
So sprach sich Rehn zum einen für eine Strategie der Preisniveausteuerung aus. Der Unterschied zur jetzigen Inflationssteuerung der EZB wäre: Nach Jahren, in denen die Inflation unter dem EZB-Ziel lag, würde ein Umstieg auf Preisniveausteuerung zum jetzigen Zeitpunkt implizieren, dass die EZB für lange Zeit Inflation über ihrem jetzigen Ziel anstreben müsste. Der Ruf nach Preisniveau-Steuerung ist daher nichts als ein verkappter (und pseudo-wissenschaftlich verbrämter) Appell für lockere Geldpolitik. Zum anderen betonte Rehn die Notwendigkeit weiterhin expansiver Geldpolitik im Euroraum. Abgesehen vom insgesamt pessimistischen Unterton seiner Rede war letzterer Punkt eigentlich kein Widerspruch zur allseits bekannten EZB-Kommunikation. Und dass eine Ultra-Taube wie Rehn halt diese Caveats besonders betont, darf auch nicht verwundern.
Dass die EUR-Wechselkurse dennoch heftig reagierten, lag daran, dass das ganze so schön ins Gesamtbild passte. Fast zeitgleich berichtete ein Nachrichtendienst, dass angeblich die EZB eine Neuauflage der TLTROs plane, wenn Mitte nächsten Jahres die laufenden TLTROs unterjährig werden und aus regulatorischen Gründen das Bankensystem im Euroraum somit zunehmend auf andere Finanzierungsquellen angewiesen ist. Auf der letzten EZB-Pressekonferenz gab’s einen kurzen Hinweis von EZB-Präsident Draghi dazu, aber nach konkreten Plänen hörte sich all das nicht an.
Klar, EUR-USD-Kurse über 1,14 sind derzeit nur gerechtfertigt, wenn man daran glaubt, dass die EZB tatsächlich in den nächsten Quartalen so langsam ihre Geldpolitik wieder in Richtung „Normalisierung“ dreht. Dass die eine oder andere Bank das nicht mag und der EZB ins Ohr stöhnt darf nicht verwundern. Das gehört zum Geschäft. Schauen Sie sich mal an, wie sich Fußballer auf dem Platz wälzen, wenn sie vom Gegner auch nur berührt wurden. Die EZB muss schon – wie jeder gute Schiri – sich davon unabhängig einen Eindruck machen, ob Normalisierung angebracht ist. Das kann sie aufgrund ihrer Einblicke in die Bücher der Banken. Wenn sie bislang den Markt auf Normalisierung vorbereitet hat, muss sie davon überzeugt gewesen sein, dass Europas Bankensystem das verkraften kann. Die TLTRO-Gerüchte passen nicht ins Bild. Sie müssten – wenn sie denn stimmen – eher als Signal gewertet werden, dass die EZB wieder skeptischer geworden ist. Dafür kann es zwei Gründe geben:
Die Italien-Risiken. Schließlich spricht alles dafür, dass Italiens Regierung im Konflikt mit Brüssel nicht klein beigibt. So warb Luigi Di Maio, stellvertretender Premierminister in Rom, erst am Wochenende in einem Zeitungsinterview erneut für die populistische Fiskalpolitik
seine Regierung. Hier besteht hohe Eskalationsgefahr.
Konjunktur. Die jüngsten Konjunkturdaten aus dem Euroraum waren summa summarum eher enttäuschend. Würde die Konjunktur abschmieren, wäre geldpolitische Normalisierung kaum angebracht. Unsere Commerzbank-Volkswirte sind recht optimistisch und halten die jüngsten Daten lediglich für Anzeichen einer weitgehend transitorisch und exogen begründeten Schwächephase. Teilt die EZB unsere Sicht nicht, dürfte sie die geldpolitische Normalisierung infrage stellen.
Rechtline Hinweise: Bitte beachten Sie die rechtlichen Hinweise
Bitte beachten Sie zusätzlich den wichtigen Hinweis zu allen abgebildeten Charts und Kursverläufen: Frühere Wertentwicklungen sind kein Indikator für die künftige Wertentwicklung.Bei den hier dargestellten Inhalten handelt es sich um fremde Inhalte. Für diese fremden Inhalte ist ausschließlich der jeweilige Eingeber verantwortlich. Eine inhaltliche, redaktionelle Überprüfung durch die DZB Media GmbH erfolgt ausdrücklich nicht. Bitte beachten Sie in diesem Zusammenhang ergänzend den Haftungsausschluss unter https://www.zertifikateberater.de/impressum.
Sollte ein hier durch einen Eingeber distribuierter Inhalt aus Ihrer Sicht gegen geltendes Recht verstoßen, schicken Sie bitte eine Email an nc. Der gemeldete Inhalt wird umgehend überprüft und ggf. gesperrt.