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09.11.16, 13:04

Kapitalmarkt-News - US-Wahlausgang: Perspektiven einer neuen Realität

09. November 2016

US-Wahlausgang: Perspektiven einer neuen Realität

Amerika wäre nicht Amerika, wenn das Unmögliche nicht möglich wäre! Trump konnte die Präsidentschaftswahl nicht nur gegen alle Erwartungen für sich entscheiden, die Republikaner haben zudem auch die Mehrheit in Repräsentantenhaus und Senat verteidigt, was Trump viel Raum für eine politische Neuausrichtung geben könnte, wenn die Republikaner sich untereinander einig wären. Allerdings verfügen die Republikaner nicht über eine Zweidrittel-Mehrheit im Senat, was für grundsätzliche Änderungen von Verträgen zwischen den USA und anderen Ländern notwendig wäre. Sorgen über einen eskalierenden Handelskrieg erscheinen somit weiterhin übertrieben zu sein, auch wenn sich Verhandlungen über neue Abkommen sicherlich nun anders gestalten sollten. Doch grundsätzlich ist zwischen dem „election bullshit“ und der zu erwartenden Wirtschaftspolitik von Trump zu unterscheiden.

Für die Märkte scheint es ein Déjà-vu zu geben, auch die Brexit-Entscheidung stellte die Vorhersagen auf den Kopf. Aktuell sind deutliche Reaktionen und zunehmende Verunsicherung zu erkennen. Dies führt zu sinkenden US-Zinsen, einem aufwertenden Yen und vor allem einem höheren Goldpreis. Zudem sind weltweit die Aktienmärkte unter Druck, vom Absturz des mexikanischen Peso ganz zu schweigen. Doch wie schon beim Brexit ist zwischen kurzfristiger Reaktion und länger-ristiger Entwicklung zu unterscheiden. Die Implikationen aus der Wahl von Trump werden sich erst später zeigen. Und wie beim Brexit ist davon auszugehen, dass sich die kurzfristige Panik als Überreaktion herausstellen könnte.
Dennoch ist die Aussage sicherlich richtig, dass die Präsidentschaft Trumps ein höheres Maß an Unsicherheit mit sich bringt, vor allem im Vergleich zu einer US-Präsidentin Clinton, die in der Tendenz den Kurs Obamas weitergeführt hätte. Die mit Trump verbundene Verunsicherung wird grundsätzlich als Risiko für die US-Konjunktur gesehen, doch es ergeben sich auch Chancen. So wird die US-Wirtschaft vor allem durch den privaten Konsum getrieben. Trump stellt für viele einen Hoffnungsträger dar, was die Stimmung unter Konsumenten, zumindest kurzfristig, durchaus stärken könnte.

Auf internationalem Boden muss Trump in den kommenden Monaten sicherlich seine Seriosität und Glaubwürdigkeit beweisen. Daran sollte nicht unbedingt im Vorfeld gezweifelt werden. Auch Ronald Reagan, der Schauspieler aus Kalifornien, wurde zu Anfang mit hoher Skepsis betrachtet, u. a. aufgrund seiner anscheinend unmöglichen Haltung gegenüber der Sowjetunion. Doch die US-Bürger sahen nach der wirtschaftlichen Krise Anfang der 80er Jahre einen Hoffnungsträger, der durch seine Aussagen und Politik das Land stark beeinflusst hat. Die Steuerpolitik von Trump dürfte dagegen – ebenso wie unter  Reagan – keine bedeutenden Wachstumsimpulse liefern, sondern eher die US-Schuldenquote nach oben treiben (siehe auch IKB-Kapitalmarkt-News 18. August 2016).
Ohne konkrete Aussagen von Trump als „President in waiting“ ist es schwierig, Prognosen über die weiteren konjunkturellen Aussichten der USA und der Welt zu tätigen. Dennoch ist folgendes festzuhalten:
 
  • Der US-Konjunkturausblick sollte sich nicht grundsätzlich ändern. Die Stimmung unter den Konsumenten könnte sich sogar verbessern. Allerdings wird die angekündigte Steuerpolitik wenig Wachstumsimpulse bringen.
  • Die Wahrscheinlichkeit einer Zinsanhebung der Fed im Dezember hat sich nach Ansicht der Märkte reduziert. Zunehmende Unsicherheit ist kein Umfeld für Zinsanhebungen, auch wenn sich die Wirtschaftsleistung zuletzt robust zeigte. Da die US-Konjunktur nicht zwangsläufig infolge des Wahlausgangs leiden sollte, sind mögliche Zinsanhebungen in 2017 nicht auszuschließen, sofern sich das Konjunkturbild festigt und Trumps Pläne konkreter werden.
  • Wie bei den meisten bisherigen republikanischen Präsidenten besteht auch unter Trump das Risiko, dass die US-Schuldenquote ansteigt, vor allem, wenn seine geäußerten Steuervorschläge umgesetzt werden.
  • Eine zögerliche Fed und ein damit einhergehender schwächerer US-$ dürften den Handlungsdruck auf die EZB erhöhen. So steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die EZB im Dezember eine Fortführung ihres Aufkaufprogramms auch nach März 2017 ankündigen wird.
  • Grundsätzlich ist mit einer zunehmenden Risikoaversion der Märkte zu rechnen, vor allem kurz- bis mittelfristig. Trump hat im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen viele oftmals auch widersprüchliche Aussagen getroffen. So kritisierte er die Fed für ihre Niedrigzinspolitik, gleichzeitig sieht er jedoch den US-$ als zu stark an. Allerdings sollte diese Unsicherheit bald enden.
  • Die Verhandlungen von neuen Freihandelsabkommen werden sich erschweren bzw. in die Länge ziehen. Die Angst vor Handelskriegen ist allerdings verfrüht, denn Trump scheint nicht beratungsresistent zu sein, wie sich in den Tagen vor der Wahl gezeigt hat.
  • Trumps Präsidentschaft bietet die Chance für einen Neuanfang der Beziehungen zwischen den USA und Russland, die unter Obama/Clinton deutlich gelitten haben. Dies wiederum eröffnet Perspektiven im Nahost-Konflikt.
 
Fazit: Im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahl stand häufig die mögliche Einflussnahme Trumps auf die globalen Beziehungen der USA im Fokus. Nach kritischen Äußerungen Trumps über die Handelsbeziehungen, insbesondere zu China und Mexiko, befürchteten viele Auguren bevorstehende Handelskriege und anhaltend unsichere Zeiten. Doch ob die Veränderungen der Handelspolitik so dramatisch sein werden wie befürchtet, ist eher anzuzweifeln, da viele Aussagen Trumps im Kontext der Wahlkampagne zu sehen sind. Die Aufgaben der Fed gestalten sich sicherlich mit der aktuellen Unsicherheit schwieriger, und eine Zinsanhebung im Dezember scheint nun weniger sicher, was den Handlungsdruck auf die EZB erhöhen könnte.

Der größere Einfluss Trumps mag die USA selbst betreffen. Hier wird er von der Mehrheit der Bevölkerung gerade wegen seiner oftmals undiplomatischen und unkonventionellen Aussagen als Hoffnungsträger für einen Neuanfang gesehen. Dabei gibt es Parallelen zu Ronald Reagan, der nach der US-Wirtschaftskrise Anfang der 80er Jahre ebenfalls als kontroverse Persönlichkeit das Ruder übernahm. Untergangsszenarien sind damals wie heute unangebracht. Im Gegenteil: Der gefühlte „Neuanfang“ könnte die Mehrheit der US-Bürger in Aufbruchstimmung versetzen. Wie nachhaltig diese jedoch sein wird, ist abzuwarten.

 

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