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24.03.17, 23:00

Öl monthly: Jüngster Preisverfall spricht für höhere Preise in Q2

In den vergangenen zwei Wochen sind die Preise für Rohöl gefallen wie ein Stein. Aktuell notiert die Nordseesorte Brent bei 51,6 US-Dollar/Barrel. Nachdem sich die Preise für den wichtigen Rohstoff in Folge der (angekündigten) Angebotsverknappung durch die OPEC bei etwa 55 US-Dollar/Barrel eingependelt haben, kam der Einbruch der Preise in den vergangenen Tagen aus heiterem Himmel. Am Markt wird vor allem die Effektivität der Kürzungen in Frage gestellt. Allerdings sollte man diesen nicht überbewerten, denn die weitaus größeren als von uns erwarteten Produktionseinschnitte dürften sich in Kürze sichtbar in den relevanten Datensätzen widerspiegeln. Unserer Ansicht nach ist dies gegenwärtig an den Märkten nicht eingepreist. Deshalb heben wir unsere Ölpreisprognose für das zweite Quartal von 50 auf 56 US-Dollar/Barrel an. Die Jahresendprognose bleibt dagegen unverändert. Zudem revidieren wir unsere Prognose für das Nachfrage- sowie das Produktionswachstum nach oben. Angesichts des insgesamt stärker erwarteten konjunkturellen Umfelds sollte auch die globale Nachfrage nach Rohöl in diesem Jahr höher ausfallen als bisher von uns angenommen. Desweiteren erwarten wir die US-Produktion zum Jahresende 900 Tsd. Barrel/Tag oberhalb des Vorjahresniveaus.

Bisher erfolglose Suche nach neuem Marktgleichgewicht

Die Rallye der Ölpreise Ende vergangenen Jahres gründete vor allem auf der Erwartung, dass die historische Einigung zwischen elf OPEC- und elf Nicht-OPEC-Staaten die tägliche Fördermenge um 1,8 Mio. Barrel zu kürzen zu einer Normalisierung der Lagerbestände führt. Allerdings verlief der Start in das Jahr 2017 diesbezüglich wenig erfreulich. So wurden u.a. in den USA in den ersten Wochen neue Rekordstände bei der Lagerhaltung vermeldet. Hinzu kommt, dass die Reservezuführungen deutlich über das saisonübliche Maß hinausgingen. Was auf den ersten Blick ein Indiz für die rückläufige Nachfrage sein könnte, ist in Wahrheit der Rekordölproduktion Ende vergangenen Jahres geschuldet, als sich die OPEC-Staaten und Russland mit immer höheren Fördermengen gegenseitig zu übertrumpfen versuchten. Dieser Verzerrungseffekt ergibt sich durch die Tatsache, dass das Öl aus dem mittleren Osten bis zu 60 Tage braucht um in die USA zu gelangen.

Höhere Produktionskürzungen bei der OPEC…

Da es sich hierbei lediglich um temporäre Kürzungen handelt, erwarten wir keine nachhaltig höheren Rohölpreise. Vielmehr zielen die vereinbarten Fördermaßnahmen des Kartells in erster Linie darauf ab, eine Normalisierung der Rohölvorräte herbeizuführen. Die Lagerbestände sind in den vergangenen beiden Jahren im Zuge der Angebotsschwemme von Rohöl auf ein überdurchschnittlich hohes Niveau gestiegen, was zu einer extremen Volatilität bei den Preisen führte, da die Pufferfunktion der Reservehaltung aufgrund der übervollen Lager verloren ging. Eine Reduzierung der übervollen Ölspeicher geht daher mit der Reduzierung der Volatilität der Rohölpreise einher. Wir erwarten, dass sich die ersten Anzeichen der Normalisierung gegen Ende Februar einstellen werden, gegeben eine Transit- und Lieferzeit von rund 60 Tagen.

…während die US-Fördermenge steigt

Während die Kürzungen der OPEC-Staaten weitaus höher waren als von uns angenommen und sich die Preise in den ersten Monaten in einer recht engen Handelsspanne von 53-55 US-Dollar/Barrel hielten, kam es dagegen zu einer schneller als erwarteten Ausweitung der US-Schieferölförderung. Seit der Ankündigung der Kürzungen Ende November in Wien brachten die US-Förderer 410 Tsd. zusätzliche Barrel/Tag auf den Markt. Das schnelle Comeback der Fracker dürfte u.a. auf weitere Effizienzfortschritte und unterstützende Fremdkapitalmärkte zurückzuführen sein. Dies kombiniert mit dem Ausblick der publizitätspflichtigen Ölförderunternehmen, haben uns dazu veranlasst unsere Prognose für das laufende Jahr nach oben zu korrigieren. Die Vorhersagen der US-Fracker lassen auf ein Wachstum der US-Fördermenge bis zum Jahresende auf 700 Tsd. Barrel/Tag schließen. Wir dagegen rechnen mit einer Ausweitung der US Rohölproduktion bis Jahresende um 900 Tsd. Barrel/Tag ggü. dem Vorjahresschlussniveau. Die Diskrepanz zwischen unseren Erwartungen und denen der US-Förderer ist u.a. darin begründet, dass die Vorhersagen dieser in der Vergangenheit meist zu konservativ waren und dazu neigten, die US-Fördermenge deutlich zu unterschätzen.

Höhere Ölnachfrage angesichts guter konjunktureller Stimmung

Die globale Ölnachfrage hat die Marktteilnehmer im vergangenen Jahr mit einem Wachstum von durchschnittlich 1,6 Mio. Barrel/Tag postiv überrascht. Im vierten Quartal des Jahres betrug die Veränderungsrate sogar 1,7 Mio. Barrel/Tag, was insbesondere dem sehr guten konjukturellen Umfeld geschuldet ist. Da die freundliche Stimmung auch mit in das neue Jahr genommen wurde und die ersten Daten (z.B. Arbeitsmarktdaten, Unternehmensgewinne sowie Auftragseingänge) dies auch bestätigen, erwarten wir nunmehr ein Wachstum der Weltwirtschaft von 3,4 % in 2017. Bei einem durchschnittlichen Ölpreis von 53 US-Dollar/Barrel und einem Anstieg des globalen BIP um 3,4 % ist mit einem Anstieg der Ölnachfrage in diesem Jahr um 1,5 Mio. Barrel/Tag zu kalkulieren.

Verlängerung der Kürzungen nicht ausgeschlossen

Angesichts der Aufwärtsrevision unserer Ölnachfrageprognose rechnen wir im Jahresdurchschnitt 2017 mit einem durchschnittlichen Angebotsdefizit von 250 Tsd. Barrel/Tag und einem Rückgang der OECD Lagerbestände um 400 Tsd. Barrel/Tag. Beide Komponenten sollten in den kommenden Wochen in den Daten sichtbar werden. Da die Kürzungsvereinbarung des Ölkartells im Kern auf eine Normalisierung der überhöhten Lagerbestände abzielt, um folglich die Ölmärkte wieder in die Balance zu führen, sehen wir gegenwärtig keine Notwendigkeit einer Verlängerung des Abkommens.

Allerdings haben nicht nur die Marktteilnehmer die Geduld mit dem Abbau der Lagerbestände verloren, sondern auch einige Minister der OPEC-Länder. So zeigte sich u.a. der saudische Energieminister Al-Falih von einer möglichen Verlängerung über Juni hinaus nicht gänzlich abgeneigt. Mit einer Verlängerung des Abkommens laufen die am Abkommen beteiligten Staaten „Gefahr“, dass die Preise kurzfristig über 60 US-Dollar/Barrel steigen dürften. Das klingt zwar sehr erfreulich, wird aber vor allem den US-Frackern verstärkt zugutekommen wird. Weil die Fracking-Industrie schneller auf steigende Preise mit einem Ausbau der Förderkapazitäten reagieren kann, ist diese in der Lage, die Förderung sehr kurzfristig hochzufahren. Daher dürften die Schieferölproduzenten in den USA von einem erneuten Preissprung überproportional profitieren. Eine Verlängerung des Abkommens dürfte sich daher schnell als kontraproduktives Bestreben („self-defeating endeavour“) für die OPEC-Staaten erweisen.

Jüngster Preisverfall spricht für höhere Preise in Q2

Angesichts des jüngsten Rücksetzers haben wir unsere Prognosen für das zweite Quartal angehoben. Denn wir glauben, dass der Rückgang vor allem auf der Ungeduld der Anleger mit dem Abbau der Lagerbestände fußte. Ein (mehrwöchiger) starker Rückgang in den Ölreserven dürfte die Preise ebenso schnell wieder nach oben katapultieren, wie diese in den vergangenen Wochen gefallen sind. Im zweiten Quartal dieses Jahres rechnen wir daher mit einem durchschnittlichen Preis bei der Nordseesorte Brent von 56 US-Dollar/Barrel. Jedoch dürfte dieses Niveau – sollte die OPEC sich nicht zu einer Verlängerung des Abkommens im Mai durchringen – im zweiten Halbjahr trotz höherer Nachfrage nicht zu halten sein. Nach den ersten neun Monaten des Jahres sollten die Preise für Brent mit 50 US-Dollar/Barrel unterhalb des gegenwärtigen Preisniveaus von 51,50 US-Dollar/Barrel handeln. Die Jahresendprognose von 47 US-Dollar/Barrel bleibt von der Aufwärtsrevision für Q2 und Q3 unberührt.

 


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