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19.08.16, 14:30

Im Fokus: Wahlkampf in den USA – Die Wirtschaftsprogramme der Kandidaten

Umfragen unter amerikanischen Wählern zeichnen ein deutliches Bild: Die Wirtschaftspolitik ist das entscheidende Thema für die Präsidentschaftswahl am 08. November 2016 in den USA. Laut einer Umfrage des PEW Research Centers gaben 84% der Befragten an, wirtschaftliche Themen seien für ihre Wahlentscheidung von hoher Relevanz – mehr als alle anderen Themengebiete. Gleichzeitig rangiert „Wirtschaft und Jobs“ auch bei der Frage nach dem derzeit größten Problem Amerikas mit 25% auf Platz eins. Erst mit deutlichem Abstand folgen „Unzufriedenheit mit der Regierung“ (13%) und Terrorismus (9%). In dieser Gemengelage versuchen sich die Präsidentschaftskandidaten der beiden großen Parteien mit markanten Forderungen zu profilieren. Mitte August haben Hillary Clinton und Donald Trump ihre Wirtschaftsprogramme in Michigan vorgestellt. Während die Demokratin immer wieder die Stärke Amerikas betonte und Verteilungsfragen in den Vordergrund stellte, malte Trump ein düsteres Bild vom Zustand der amerikanischen Wirtschaft. Nur radikale protektionistische Reformen könnten den sich beschleunigenden Niedergang Amerikas stoppen, so der Immobilienunternehmer.

„America First“ lautet die Überschrift zu den Maßnahmen, mit denen Trump „America great again“ machen will. Große Kritik übt Trump an bestehenden Freihandels-abkommen. Diese hätten dafür gesorgt, dass Arbeitsplätze und Wohlstand abgewandert seien. Durch sein Wirtschaftsprogramm sollen Unternehmen zurück nach Amerika ge-lockt und das große US-Außenhandelsdefizit abgebaut werden. Dafür will der Immobilienunternehmer Freihandelsabkommen so lange nachverhandeln bis sie in seinen Au-gen Amerika nützen oder andernfalls aufkündigen. TTIP und das Transpazifische Freihandelsabkommen TPP sollen dagegen vollständig gestoppt werden. Länder die „betrügen“, will Trump mit zusätzlichen Handelshürden bestrafen – darunter insbesondere China wegen seiner Wechselkurspolitik. Diese Länder sollen mit Strafzöllen von 45% belegt werden. Auch Clinton begann im Wahlkampf, Freihandelsabkommen zunehmend zu kritisieren. Ebenfalls verspricht sie, TPP zu stoppen sowie bestehende Abkommen auf „ihren Nutzen für die amerikanischen Arbeiter“ hin zu überprüfen.

Im Gegensatz zu seiner Konkurrentin verspricht Trump zudem, nicht nur ausländischen Gütern den Weg nach Amerika zu erschweren, sondern auch den Zugang von Einwanderern. Der hohe Zustrom von ausländischen Arbeitskräften treibe die Arbeitslosigkeit unter den amerikanischen Staatsbürgern nach oben und sei die Ursache für die wach-sende Armut in den USA, so Trump. Legale Einreisekontingente sollen daher gekürzt werden. Mexiko will der republikanische Kandidat durch Repressionsmaßnahmen zwin-gen, den Bau einer Grenzmauer zu finanzieren. Die rund 11 Mio. illegalen Migranten, die sich bereits in den USA befinden (Trump spricht von 35 Mio.) sollen in ihre Heimatländer deportiert werden. Die in aktuellen Umfragen führende Clinton lehnt diese Vorschläge ab und möchte unter bestimmten Voraussetzungen illegalen Einwanderern die Annahme der amerikanischen Staatsbürgerschaft ermöglichen.

Um den „globalen Wettbewerb zu gewinnen“, verspricht der republikanische Bewerber radikale Steuersenkungen und weniger Regulierung. Neue Regulierungen will Trump im Falle seiner Präsidentschaft gar temporär verbieten und bestehende auf Notwendigkeit überprüfen lassen - darunter insbesondere Umweltschutzauflagen. Die Steuer auf Unternehmensgewinne soll von derzeit 35% auf 15% reduziert werden. Senken will Trump ebenfalls die Einkommenssteuerbelastung der Amerikaner. Dazu sollen die Freibeträge erhöht und die Tarifstufen auf 12% - 25% und 33% festgelegt werden. Bisher existieren sieben Steuerstufen zwischen 10% und 39,6% Spitzensteuersatz, die allerdings bereits ab wesentlich geringeren Einkommenshöhen greifen als in Trumps Steuerkonzept. Die Erbschafts- und Immobiliensteuer will Trump abschaffen. Clintons Steuerpläne sind weniger radikal. Die Einkommenssteuer soll lediglich ab Jahreseinkommen von über 5 Mio. USD um 4 Prozentpunkte angehoben werden. Außerdem möchte die ehemalige Außenministerin Steuerschlupflöcher schließen und Großunternehmen höher besteuern. Für mehr soziale Gerechtigkeit will Clinton zudem durch eine Erhöhung des Mindestlohns von 7,25 USD auf 12 USD pro Stunde sorgen. Trump schlug zuletzt vor, die Mindestlohn-festsetzung den Bundesstaaten zu überlassen. Weitere staatliche Einnahmen will die Demokratin aus höherer Besteuerung riskanter Finanzgeschäfte (bspw. Hochfrequenz-handel) generieren. Die zusätzlichen Mittel möchte die ehemalige First Lady für die Auflage des „größten Infrastrukturprogramms seit dem zweiten Weltkrieg“ nutzen. Insgesamt sollen 275 Mrd. USD in Ausbau und Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur fließen. Auch Trump verspricht ein solches Programm, allerdings bisher ohne Details bekanntzugeben.

Mehr Fokus legt der republikanische Kandidat auf billige Energie als Jobmotor. Laut seinen Aussagen sei die Bekämpfung des (seines Erachtens nicht existierenden) Klimawandels „die größte Bedrohung für zukünftige Generationen“, weil diese Wohlstand vernichte. Klimaschutzmaßnahmen sollen daher beendet werden und die Kohleindustrie wieder zu alter Stärke zurückfinden. Clinton ist hier gegenteiliger Auffassung und möch-te den Ausstieg aus konventioneller Energiegewinnung beschleunigen.

Beide Präsidentschaftskandidaten versuchen, ihre Wähler mit zielgruppenspezifischen Forderungen zu locken. Trump präsentiert sich als Anwalt der gefühlten Verlierer der Globalisierung. Diese will er mit protektionistischen Forderungen zu begeistern. Clinton dagegen setzt eher auf linke Wirtschaftsthemen. Nur ihre zunehmend skeptischen Äußerungen zum Freihandel verbinden sie programmatisch mit ihrem republikanischen Kon-kurrenten. Im Vordergrund ihrer Wirtschaftskampagne aber stehen staatliche Investitionen, Umverteilung und Umweltschutz. Trump will den Staat ganz in Manier eines Geschäftsmanns führen. Verteilungsfragen spielen in seinem Programm keine nennenswerte Rolle. Sein Ziel ist es, die „Geschäftszahlen“ der USA verbessern. Was in seinen Augen der amerikanischen Wirtschaftsleistung schadet, gehört auf den Prüfstand.

Beide Programme sollten in der vorgestellten Form jedoch nicht für bare Münze genommen werden. Laut dem parteiunabhängigen „Committee for a Responsible Federal Budget” weisen Clintons Plan ein Defizit von 1,8 Bio. USD und Trumps Konzept eine Finanzierungslücke von 11,6 Bio. USD über die nächsten 10 Jahre auf. Selbstverständlich haben beide Kandidaten aber versprochen, die Staatsverschuldung zu reduzieren. Beide Pläne sollten daher nur als Tendenz über die tatsächliche wirtschaftspolitische Ausrichtung im Falle eines Wahlsiegs des jeweiligen Kandidaten interpretiert werden. Hinzu kommt, dass Clinton wahrscheinlich eine Kongressmehrheit zur Umsetzung ihrer Vorschläge fehlt. Trump wiederum wechselte im Laufe des Wahlkampfs seine politischen Forderungen in bisher beispielloser Frequenz.


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