Europa-Check: Doppelte Vorsicht

Europa-Check: Doppelte Vorsicht Die jüngsten Diskussionen, die um das Für und Wider einer Abschaffung der 500-Euro-Note entbrannt sind, lassen bislang einen Aspekt außer Acht: Sollte sich die Europäische Notenbank tatsächlich dafür entscheiden, diesen Schein aus dem Bargeldumlauf zu nehmen, könnten Bürger auf den Gedanken kommen, sie tue das, weil aufgrund der gegenwärtigen Inflationsaussichten große Banknoten überflüssig werden. Dabei hat die EZB aber noch gar nicht aufgegeben, an höhere Inflation zu glauben. Mario Draghi gab sich Ende vergangener Woche sogar ziemlich kämpferisch und unterstrich, er werde sich von der dauerhaft niedrigen Teuerung nicht einschüchtern lassen. Seinen Äußerungen nach könnte man meinen, er nehme den Kampf gegen die Niedriginflation persönlich auf. „Wenn wir den Willen haben, unser Ziel zu erreichen“, stellte er klar, „dann haben wir auch die Mittel dazu.“ Das klang fast, als wollte er an die Berufsehre seiner Kollegen appellieren. Damit weckt Draghi den Anschein, als müssten alle nur härter anpacken und fester auf die Inflationstube drücken, um die Teuerung nach oben zu fördern. Doch die europäischen Notenbanker können im Grunde nicht mehr tun als zu hoffen, dass ihre Maßnahmen endlich greifen. Bislang sind, Extremniedrigzinsen und massiven Anleihekäufen zum Trotz, die gewünschten Effekte allerdings ausgeblieben. Daran wird wohl auch eine weitere Verschärfung der Maßnahmen nichts ändern. Nach außen hin möchte die EZB-Führung jedenfalls den Eindruck vermitteln, sie hätte das Problem im Griff. Sie versucht sogar zu suggerieren, Inflation sei steuer- oder justierbar. Den richtigen Regler hierfür scheinen die Notenbanker jedoch noch nicht gefunden zu haben. Aber die deflationäre Tendenz ist nicht das einzige Übel, mit dem sich die Eurozone derzeit auseinandersetzen muss. Die schlechte Stimmung der Finanzmarktteilnehmer, die dem schwachen Jahresstart der Aktien und der Ölpreis-Baisse geschuldet ist, wird derzeit noch von zusätzlicher Angst begleitet: Die Furcht vor einem kompletten Absturz der chinesischen Wirtschaft. EU-Währungskommissar Pierre Moscovici fordert deshalb „doppelte“ Wachsamkeit. Das erinnert an Draghis Wunsch nach mehr Engagement. Aber es klingt auch ziemlich hilflos. Jetzt fehlt nur noch der Analyst, der Aktieninvestoren empfiehlt, nun lieber „doppelt vorsichtig“ zu agieren. Vergangene Woche warnten wir vor erhöhter Abgabebereitschaft. Tatsächlich hat der Euro-Leitindex wieder schlagartig nach unten gedreht, was die strukturelle Schwäche des Marktes bestätigt. Dabei ist nun das dritte Kursziel bei 2.770/75 erreicht. Bricht diese Unterstützung, öffnen wir die Unterseite um weitere 90 Punkte (2.679). Unser Risikolimit ziehen wir erneut massiv auf 2.951/56 Zähler herunter. Alle in diesem Dokument genannten Preisniveaus verlieren bei einem Durchstoß von zehn Punkten ihre Gültigkeit.

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